Friday, April 20, 2018

HERAUSFORDERUNG ZUR GEMEINSCHAFTSARBEIT – Aufruf mit einem Geleit von Erwin Jaeckle an Germanisten, Romanisten, Keltologen, Geographen, Geologen, Astronomen, Archäologen um die Ergebnissen Werner Greubs in seinem 1974 erschienenen Werk 'Wolfram von Eschenbach und die Wirklichkeit des Grals' zu überprüfen.



Willehalm im Streit mit den 15 Könige von Cod 
(aus einem mittelalterlichen Manuskript)



EINFÜHRUNG

Dieser Aufruf  wurde in die Zürcher  Zeitschrift “Die Literarische Tat” vom 12. März 1976 von deren Redaktor, dem renommierten Schriftsteller, Journalisten und Politiker  Erwin Jaeckle publiziert,  der mit verschiedene Auszeichnungen honoriert wurde, u.a. dem Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis (1958),  dem Bodensee-Literaturpreis der Stadt Überlingen (1977) und dem Mozart-Preis der Goethe-Stiftung Basel (1986). Ich habe kurz vor seinem Tod in Jahre 1986 eine kurze Unterredung mit ihm gehabt, wobei er mir versicherte, dass ich in meinem Bemühen damals das Werk von Werner Greub zu fördern in Zusammenahg mt der Jubiläum-Ausstellung "200 Jahre Ermitage in Arlesheim" in dem Ortsmuseum Trotte, wo erstmals auf das Werk von Greub hingewiesen wurde,  mich auf seinem Namen berufen konnte. Soweit ich weiß, hat sich der Stand der Forschung bezüglich das Werk von Werner Greub aber seitdem nicht merklich geändert. Auch hat der Herausgeber dieses 1. Band einer Gralstrilogie von Zarathustra bis Rudolf Steiner, das Goetheanum, Freie Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach bis jetzt nichts unternommen um die Hoffnung dessen damaligen ersten Vorsitzenden Rudolf Grosse  zu erfüllen, dieses Werk möge „zu einem gründlichen wissenschaftlichen Gespräch führen.“ Wohl ist der 2. Band dieser Gralstrilogie im Jahre 2003 von seinem Sohn Markus Greub post-mortem im Selbstverlag herausgegeben unter dem Titel Vom Parzival zur Rudolf Steiners Wissenschaft vom Gral, mit darin ein Kapitell, wo der Autor sich mit seinen Kritikern gründlich auseinandersetzt in dem was er sogar einen „Gralskrieg um das Goetheanum“ nennt. In die Einführungen meiner englischen Übersetzung  seines Erstwerkes How the Grail Sites Were Found – Wolfram von Eschenbach as a Historian (erschienen als Buchausgabe im Jahre 2013 im Verlag Willehalm Institut, Amsterdam)  und  die der holländischen Übersetzung Willem van Oranje, Parzival en de Graal – Wolfram von Eschenbach als een Historicus (2009 erschienen ebenfalls im Verlag Willehalm Institut) bin ich näher auf diesen „Gralskrieg“ eingegangen. 2004 erschien dann der 3. Band Erwachen an Goethe.

Dieser Aufruf, vorangegangen durch das Zum Geleit, geschrieben  vom selben Autor am 24. März 1976,  wird hier zur Verfügung gestellt anlässlich der vom Willehalm Institut für Gralsforschung in Amsterdam und dem Lichteurythmie Ensemble Arlesheim geplanter Pfingsttagung 2018 in Istein und Arlesheim unter dem Titel „Die Arlesheimer Ermitage als Gralsgebiet und ihr historisches Gegenbild auf dem Isteiner Klotz“. Beide Texte wurden erstmals publiziert in der Herausgabe als Manuskript von Willehalm -Kyot – Der Gewährsmann Wolframs von Eschenbach (ISBN 90-73932-01-7) von Werner Greub  durch das Willehalm Institut im Jahre 1991 mit einer Dokumentation zur Vorgeschichte dieser Publikation. (RJK)


ZUM GELEIT

Bevor ich 1967 in Stuttgart meine Botschaft der Sternstrasse veröffentliche, habe ich mich ein Leben lang mit Wolfram von Eschenbach beschäftigt und mich seiner Welt in Rahmen anderer mittelhochdeutscher Studien versichert. Ich hab dabei immer die gängige Lösung der Kyotfrage bezweifelt, weil man mit einem „fiktiven Gewährsmann“ des Märchens“den strengen sittlichen Gehalt des Parzival-Sakraments verschattet, indem mam den Dichter ausweichende, ja verschmitzte Motive der Legimitation oder aber einen völlig unzeitgemässen Kunstgriff zumutet. Eine Fiktion ähnlicher Art gibt dem dichterischen Auftrag jener Zeit eine Stellung, die nach der Renaissance  und späteren Originalitätsbegriffen allenfalls verständlich wäre. Sie widerspricht aber dem mittelalterlichen „Tugendensystem“und dem Range der Dichtkunst in ihm zutiefst. Leider konnte ich meine Vermutung anderer Arbeitslasten wegen nicht durch eine umfängliche Untersuchung erhärten. Dass sich die Wissenschaft auf Grund der Forschungen Greubs dessen annehme wollte ich mit einem Aufruf in die Literarische Tat vom 12. März 1976 erreichen. Dieser sei hier überzeugt wiederholt, weil Werner Greub seine Anliege mit ebenso großer Überzeugungskraft wie bescheiden werbend vorträgt. Beidem hätte man ritterlich Rechnung tragen. Greub will nicht behaupten, sondern mitarbeiten. Ihn anzuhören, gereichte der Wissenschaft zur Ehre.


HERAUSFORDERUNG ZUR GEMEINSCHAFTSARBEIT

Ej. Man kenn der Stand der Forschung, die sich außerhalb inhaltlicher vorab sprachkritische Mittel bediente. Wolfram von Eschenbach, der über vierzigtausend Verse gedichtet hat, ist neben Liedern der Verfasser dreier Epen. Sie werden heute unter Berichtigung der Folge, wie sie der Herausgeber der ersten kritischer Ausgabe, Karl Lachmann, 1833 gesehen hat, zeitlich vom Parzival – nach 1200, 1203 und 1204 – über den Willehalm – 1212 bis 1217 – zum Titurel – nach 1217 – hin geordnet, wobei man zugesteht, dass die Arbeit am Parzival zu Teilen über verschiedene Fassungen und Zeitgeschichten hin gediehen ist.

Joachim Bumke, der sich mit allen Fragen (Stuttgart 1964) erneut beschäftigte, musste zugestehn, dass vor allem über der Abklärung der Überlieferung ein Unstern gestanden habe.  Dennoch wird als gesichert angenommen, dass der Textüberlieferung mit dem unvollendet geblieben Conte du Graal von Chrestien de Troyes  und der Estoire dou Graal von Robert de Boron begonnen habe. Obzwar Wolfram von Eschenbach sich auf einen unbekannten Kyot als Gewährmann berufen habe, müsse als seine Hauptquelle Chrestien gelten. Wörtliche Berührungen – sie können selbstverständlich auch einer gemeinsamen dritte Vorlage entstammen, meinen wir – stellten die direkte Abhängigkeit sicher. Das schließe eine große Selbstständigkeit des Bayern nicht aus.  Diese betreffe vorab den Gral selbst, dann aber dessen Verbindung mit den neutralen Engeln, der heidnischen Astronomie und die Verwandschaftsverhältnisse.

Die neuere Artusforschung wirft zu Recht ein, dass Wolfram zu einer vor-Chretienschen Parzival-Gral Überlieferung gehabt habe.  Orientalische Quellen können für manche Stellen nicht ausgeschlossen werden. Auffallend sei die stattliche Reihe echter orientalischer Ortsnamen im Parzival und die Tatsache, dass Wolfram offensichtlich mit den politischen Konstellationen im Orient vertraut ar. Zudem können lateinische Quellen nachgewiesen werden. Auch wenn sich Wolfram auf seinem Gewährsmann Kyot berufe, sei gewiss, dass der Conte du Graal als Hauptquelle bezeichnet werden müsse; Wolframs Berufung verdiene kein Vertrauen, sie gehöre ins Reich der Fabel. Auch wenn man die Frage einer Gral-Sonderquelle offen lasse, habe sich die Wolfram der berufung ledilich bedient, um seiner ãventiure Glaubwürdig zu machen.

Das meiste von all dem wird von Werner Greub in seiner umfänglichen Arbeit  Wolfram von Eschenbach und die Wirklichkeit es Grals mit so dichten und klugen Gedankengängen bestritten, ja evident berichtigt, dass die zünftige Forschung auf ihre Schlüsse zurückzukommen hätte. Das berechtigte Ansinnen stößt auf die fleißige Intelligenz von drei oder vier Lehrgenerationen, so dass eine Versteifung der erarbeiteten Haltung vorauszusehen ist.  Man müsste dabei allerdings hellhörig miterwägen, dass ein Forscher wie Wilhelm Wackernagel (1806-1869) geneigt was, Kyot für den nordfranzösischer Dichter Guiot de Provins zu nehmen. Paperlapapp meint allerdings die Forschung dazu. Das habe zur Voraussetzung, dass es eine zweite Quelle gegeben habe, sei der Gewährsmann aber fingiert, so bereitet die Erklärung weiniger Schwierigkeiten. Die Schwierigkeiten werden so zum Argument erhoben! Wolfram habe auch den Vater Sigunes, den Herzog von Katelangen, erfunden.

Werner Greub behauptet dagegen, dass der Willehalm mit der Herzog von Katelangen identisch sei, und er belegt seinen Gedankengang auf jede Weise, auch sprachlich. Wenn es ihm aber gelingt, den Herzog Kyot von Katelangen historisch glaubhaft zu machen, müsse man die Grafe nach den anderen Kyot, dem Gewährsmann, doch wohl erneut überprüfen. Greub versteht Kyot von Katelangen als Kyot den Provenzal, den er mit Willehalm identifiziert und damit die Vita Willehalms berichtigt.

Wolframs Kyot-Willehalm von Katelangen lebte vierhundert Jahre vor dem Dichter. Durch ihn wäre die Sternweisheit über elf Generationen hinweg in Wolframs Parzival eingegangen. Greub erhärtet seine Behauptung über hunderte von Seite hin – so glauben wir – schlüssig. Er tut es, indem er seine Arbeitshypothese umsichtig überprüft und klärend darlegt.

Für Greub wird die Willehalm-Dichtung Brücke zum Parzival. Willehal ist mit Kyot von Katelangen und dem Provenzal identisch. So hätte denn Kyot der Provenzal als Augenzeuge des grals-Geschehens Wolfram von den Sternständen des 9. Jahrhundert gezeugt und sie überliefert. Damit verlegt Greub das Grals-Geschehen in jenes Jahrhundert zurück, und er überprüft seine Thes mittels der Planetenkonstellationen des Jahres 848, die er errechnet und durch das Luzerner Planetarium mit Erfolg wiederholen lässt. Er überprüft überdies die Genealogie der Überlieferungskette jener elf Generationen mit einleuchtendem Ergebnis.
Unter solchen scharfsinnig und kenntnisreich durchgeführte Voraussetzungen versteht Greub Wolfram über den großen Dichter hinaus als traditionsgetreuer Historiker.  Er nimmet ihn deshalb auch in seinen geographischen Angaben ernst, die er mit gesunder Überlegung und genauem Zirkel angeht. Es gelingt ich, die frühen Gralsorte, die man aus einer anderen Gralstradition heraus nach Sudfrankreich und in spätere Zeit verlegte, in der Oberrheingegend zwischen Arlesheim und Colmar anzusiedeln.

Auch hier überraschen die Ergebnisse: Munsalvaesche,  die Gralsburg, wird südöstlich von Arlesheim auf den jurassischen Hornikopf verlegt, die Klause, der Sigune, die Höhlen des Trevrizent, sowie weitere gralsorte werden neu sichtbar.

Fasst man die Ergebnisse Werner Greubs zusammen, so geben diese anhand der historischen Quellen des Wolframschen Parzivals vom planetarisch ermittelten Datum der Gralskönigschaft  her eine Fülle vielfältig abgesicherter weiterer Daten und zugleich die Örtlichkeiten der Gralsgeschichte, von denen Wolfram berichtet.

Eine Provokation solcher Art dürfte eine Wissenschaft, die sich bisher lediglich der VermUtungen bediente, nicht unbeachtet lassen. Die Ergebnisse Werner Greubs müssen von Germanisten,  Romanisten, Keltologen, Geographen, Geologen, Astronomen, Archäologen überprüft werden. Der Anlass lohnte.

Das Forschungsergebnis Greubs nimmt Wolfram von Eschenbach vorab als Geschichtsschreiber. Es verlegt das Gralsgeschehen ins 9. Jahrhundert zurück, datiert die Ereignisse und gibt ihn Ort. Kyot, der Provenzal erweist sich so als Autor der durch Wolfram ins Mittelhochdeutsche übergenommenen Epen. Er ist Zeitgenosse, Augenzeuge, Mitgestalter der Ereignisse. Es gelingt Greub, selbst die Frage zu klären, warum der Gewährsmann, der „meister wol bekannt“, nicht mehr bekannt ist, und er vermag ferner die dreifache Konjunktion von Saturn und Jupiter im Sternbild der Fische des Gralsjahres 848 als jene der drei Könige über der Krippe des Jahres 7. v.Chr. zu erkennen. All dies so fabelhaft, wie es fabelhaft ist. Man nehme diese Anzeige, die so reiche Beweisketten und ihre Triangulation nicht zu wiederholen vermag, als Herausforderung zur Gemeinschaftsarbeit, die aber aller Polemik vorn die Sache zu fördern hätte.


Werner Greub: Wolfram von Eschenbach und die Wirklichkeit des Grals, Philosophisch-Anthroposophischer Verlag. Dornach-Schweiz 1974.







   
  

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